Dienstag, 22. Juni 2010

Über transatlantische Hostienschändung

Freunde der Kniefeige werden diesen Text mögen, ebenso Freunde des Dixi/Toitoi, vulgo der noelleschen Fäkalsprache (man regte mich bei der letzten Lesung dazu an, doch mehr Fäkaltexte zu schreiben - das habt ihr nun davon). Die im Folgenden wiedergegebenen Dialoge und Redebeispiele sind sämtlich dem Spanischen entnommen; das macht aber nichts, sie funktionieren auch in der deutschen Übersetzung.
Es begab sich eines dieser schönen Tage, dass ich mit einem Spanier und einer Costaricanerin am Tisch saß und wir uns über delikate Süßigkeiten unserer drei Länder austauschten. Eine Empfehlung meinerseits hatte ich gleich zur Hand, man nennt dieses Erzeugnis wohl gemeinhin Fruchtriegel: Eine fruchtige Masse mit Stückchen zwischen zwei Blatt Esspapier. Ich mag davon die Geschmacksrichtung "Mandel" sehr gern und reichte sie zur Kostprobe herum. Bei meinen hispanophonen Gesprächspartnern löste das Leckerli keine großen Begeisterungsstürme aus, Frau Costa Rica stellte mehr analytisch fest: "Aha, das ist doch einfach Hostie mit Marzipan, oder?" Ich konnte nicht anders als brüllend zu lachen, zunächst einmal ob der Tatsache, dass "Hostie" doch einen sehr schmeichelhaften Euphemismus darstellt für schnödes Esspapier, das ja bestenfalls eine Oblate ist. Zugegeben verstärkte vielleicht auch meine mentale Distanz zum Katholizismus meine Belustigung. Aber dann gab es ja noch den anderen Teil des Witzes, der sich jedem Spanier sowie Kennern der Umgangssprache speziell auf der iberischen Halbinsel mühelos erschließt (natürlich ist dies auch, fuchsige Fachverwandte werden es schon gemerkt haben, ein Fest für Regionallinguisten): Der ach so katholische Spanier im Allgemeinen tut nämlich kaum etwas anderes, als mehrmals am Tag, je nach Sprecher auch mehrmals in der Stunde, verbal auf die Hostie zu scheißen. Und die Hostie ist ihm auch alleingestellt einfach das liebste Synonym für Scheiße. Ja, so ist es wirklich: "hostia!", sagt der Spanier, wenn ihm etwas missfällt oder auch nur auffällt, Scheiße ist ja nicht immer gleich negativ konnotiert (man stelle sich etwa den deutschen Satz "Scheiße, ist das geil" aus dem Mund eines Jugenlichen vor - funktioniert). Und wenn ihm etwas ganz besonders missfällt oder auffällt, dann tut er es: "Me cago en la hostia!" - er scheißt auf die Hostie. Und man kann sich unschwer vorstellen, dass es ziemlich viele Situationen des Miss- oder Auffallens gibt im Laufe eines Tages: Schon wieder den Bus verpasst, ich scheiß' auf die Hostie. Bohr, hat die lange Beine, ich scheiß' auf die Hostie. Ich scheiß' auf die Hostie, warum ist die Schlange hier eigentlich immer so lang? Hostie, sechzehn Euro?!
Warum die iberischen Katholiken ständig das heilig' Brot beschmutzen, ist mir noch nicht aufgegangen. Eigentlich geben sie doch bei jeder Gelegenheit vor, Christus und seiner Familie wohlgesonnen zu sein, warum also die ständige Verunreinigung Seines Leibes? Ein spätes kollektives Ausleben der analen Phase vielleicht, in einem Land, in dem diese Phase doch zumindest unter Franco mit Sicherheit unterdrückt wurde? Oder einfach der Versuch, das in allen Sprachen unschöne Wort "Scheiße" etwas blumiger zu formulieren? Heiligkeit statt Ausscheidung, auch wenn's in der Bedeutung ganz unchristlich bleibt? Vielleicht sollte das demnächst mal Gegenstand eines wissenschaftlichen Aufsatzes sein - ich kann hier nur Fragen stellen.
Das Fazit der oben beschriebenen trinationalen Situation war jedenfalls folgendes: Frau Costa Rica hatte eine neue iberische Spracheigenheit kennen gelernt, die sie sehr belustigte, zögert aber noch, diese zu Hause auszuprobieren. Herr Spanien nickte bedächtig und wird auch in Zukunft fleißig auf die Hostie scheißen, ohne jedoch zu wissen warum. Und Frau Deutschland hatte bei dem vertiefenden Gedanken daran, dass sie "Hostie" eigentlich nur mit Scheiße assoziiert und überhaupt nicht mit Marzipan (schließlich war ja nicht die Rede von einer Oblate), plötzlich nicht mehr so viel Lust auf Fruchtriegel mit Mandelgeschmack.

Montag, 14. Juni 2010

Akademikerhüte bringen kein Geld

Ich weiß offen gestanden gar nicht mehr, wie die eigentlich richtig heißen. In dem Abiturjahrgang vor mir wurde das, glaube ich, auch diskutiert: Ob man zur Abschlussfeier diese amerikanischen College-Abschluss-Hüte tragen sollte. Es wurde dagegen gestimmt, und mit dem Abstand der Zeit, die weise macht, muss ich sagen: zum Besten aller. Diese Hüte sehen nämlich schon innerhalb der Vereinigten Staaten nicht wirklich gut aus, außerhalb US-amerikanischer Grenzen wirken sie einfach nur bescheuert und, im schönsten und wahrsten Sinne des Wortes: aufgesetzt.
Einer, der mit einem solchen Hut, sichtbar auf seinem Kopf, festgehalten in einem Gruppen-Abschlussbild, für sich wirbt, ist mir im Grunde per se suspekt. Er sieht nicht toll aus in seiner Werbung und schmückt sich mit Federn, die sagen sollen, sieh her, nun bin ich sichtbar schlauer und kann tolle Sachen, die aber doch nun wirklich gar nichts aussagen über Hirnzustand und Bildungs- sowie Fähigkeitsfortschritt des Trägers. Leider hatte ich, als ich des Bildes gewahr wurde, schon bezahlt.
Ich brauchte nun mal Hilfe. Ich hatte mir einfach unglaublich die Schulter gezerrt, wohlgemerkt nach dem Karatetraining, bei der Gymnastik. Ich sollte die Gymnastik lassen und mich ganz aufs Kämpfen konzentrieren. Nach der Gymnastik konnte ich jedenfalls nicht mehr schlafen, weil ich nicht mehr liegen konnte. Und sitzen eigentlich auch nicht mehr. so ging ich denn auf eine Empfehlung hin zu diesem Chiropraktor. Und Obacht, Ihr warnenden Physiotherapeuten und Osteopathen, das ist kein Chiropraktiker, neinein, das ist einer mit sehr professioneller amerikanischer Ausbildung und ganz sanften Methoden, weshalb er sich besagten Doktorhut aufsetzen darf. Knacken tut es trotzdem, wenn er einen auf die Folterbank gespannt hat und sich an der Wirbelsäule vergnügt. Das sind aber nur Vakuen, aus denen dann irgendwas entweicht, vielleicht Luft, wie man vorsichtshalber vorher aufgeklärt wird. Die Krankenkasse gibt natürlich nichts dazu für das Knacken, die denken sich wahrscheinlich, schön blöd, wer sich freiwillig auf die Folter spannen lässt. Mir lief auch vor lauter Verwirrung und Anspannung der Schweiß in Bächen, ja wirklich in Bächen, während ich da hilflos auf der Folter lag. Aber: Es half. Hinterher konnte ich wieder liegen und sitzen, ja sogar schlafen. Nur ein bisschen Angst hatte ich, dass ich es nun, wie in den Warnungen der besorgten Physiotherapeuten und Osteopathen geunnkt, immer bräuchte. Dass ich sozusagen angefixt wäre und nun für immerdar regelmäßig eingeknackt werden müsste. Wenn ich jetzt meinen Hals in eine bestimmte Richtung bewege, knackt es auch ein bisschen von selbst. Ein Zeichen? Und wenn ja, wofür? Ein bisschen war ich ja in Versuchung, einfach noch mal einen Termin zu buchen bei der ach so netten Dame im Vorzimmer mit dem Aquarium. Aber dann sah ich das Abschlussbild mit den Doktorhüten. Und dachte augeblicklich und innerlich herabblickend, wer mir mittels eines derart bescheuerten Hutes weismachen will, er sei schlauer oder besser als andere, der hat genug an mir verdient. Und ich sagte überzeugt und ein wenig spitz: "Die Endrechnung bitte, und nichts sonst."
Er hätte mich ja vielleicht drangekriegt, noch weitere Male auf seine Folterbank zu steigen, freiwillig. Aber nicht mit diesem Hut.

Sagen Sie jetzt nichts

...sagen Sie nicht, lieber Leser, so eine Unverschämtheit, hier wird man nicht anständig beliefert, da geh ich doch lieber zum Kiosk und hole mir eine Zeitschrift, die erscheint wenigstens regelmäßig! Geht doch alles nicht an hier mit diesen völlig unzuverlässigen Netzspielereien! Hätte ich ein Abo, ich hätte es längst gekündigt! Ich bin sowas von sauer!
Sie haben ja Recht, so Recht. Wir sind eine ganz schlechte Herausgeberin, wir Fraunoelle. Vielleicht haben Sie ja trotzdem Lust, wieder - oder neu - einzusteigen. Wir versuchen's mal wieder mit ein bisschen Regelmäßigkeit. Geht gleich los.

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