... vor allem dann, wenn sie kein eigenes hat. Kann man ja auch irgendwie verstehen.
Ich habe vor kurzem einen neuen Nebenberuf ergriffen: Nacktschneckenforscherin. Mein Betätigungsfeld ergab sich zugegeben eher aus den Umständen denn aus einem brennenden Interesse heraus.
Harburg ist nämlich absolutes Hoheitsgebiet der Nacktschnecken (die eigentlich Wegschnecken heißen, wie meine Forschungen ergeben haben), sie haben hier fast alle anderen Tierarten verdrängt. Selbst die Vögel kommen nicht mehr her, denn die Schnecken schmecken so schrecklich, dass ein Vogel davon nicht leben kann. So ist es also still geworden in meiner Heimat, das geräuschlose Schneckenkriechen wird nur vom Säuseln des Windes untermalt.
Wenn ich mit dem Fahrrad vom Bahnhof nach Hause fahre, muss ich ja diesen endlosen Hügelanstieg bewältigen. Meistens ist mein innerer Schlappschwanz aktiv und ich schiebe den größten Teil. Eigentlich eine ganz meditative Übung, wäre da nicht diese Armada von Nacktschnecken, die mich bei dem meist feuchten Wetter regelmäßig zu einer Rallye komplizierter Ausweichmanöver zwingt. Denn ich schiebe ja anständig auf dem Fußgängerteil des Weges, und da sind auch die Nacktschnecken, die als Quasi-Fußgänger ebenfalls brav die Grenze zum Radweg respektieren. Und ich finde die Vorstellung, eine Nacktschnecke unter meinem Fuß zu zerquetschen, einfach widerlich. Auch wenn mir meine gärtnernden Kollegen einstimmig erklärt haben, man müsse Nacktschnecken mit dem Spaten zerteilen, sonst fräßen sie einem alles weg. Jawohl, liebe Leser, so kriegerisch ist der gern zum Pazifisten stilisierte Gärtner (andererseits fällt mir gerade ein, dass er in Krimis ja oft als Verdächtiger herhalten muss, wenn er's auch dann meistens nicht war).
Ich mache mir um die Nacktschnecken in unserem Garten gar nicht sooo viele Gedanken, da ich den Garten ehrlich gesagt nur zum Sonnenbad und Frühstück im Freien nutze und darin mal eine tote Taube begraben habe, ansonsten dort aber recht wenig tätig werde. Aber etwas anderes bereitet mir Stirnrunzeln: Die Schnecken haben unser Haus erobert. Und zwar, wie sollte es anders sein, mal wieder das invasionsgeplagte Bad im Keller. Zuerst war mir schleierhaft, wie sie dort hinkamen. Es bewegte sich nur eines Tages, und auch tags darauf, eine getigerte (ehrlich, getigert) Nacktschnecke mittlerer Größe auf den Fliesen vor dem Klo. Klar, da war es schön glatt für sie, da konnte sie sich nach Herzenslust zusammen- und auseinanderziehen, was sie auch tat, ungeachtet der Tatsache, dass ich meine Füße vor das Klo stellen wollte aus gegebenem Anlass. Nun finde ich Schnecken nicht so widerlich wie Kakerlaken, aber irgedwie dachte ich doch, Frollein, du gehörst hier nicht hin, Liebelein, und was zum Teufel suchst Du hier überhaupt? Zu Boden gefallene Haare und Hautschuppen, ist es das, was dein Allesfressermagen begehrt? Sie antwortete nicht, sondern zog nur die Fühler ein. War aber so dreist, am nächsten Tag wiederzukommen. Ich glaube, es war tatsächlich dieselbe, oder zumindest ihre Zwillingsschwester. Und noch ein paar Tage später sah ich auch, wie sie hereingekommen war, ich fand dann nämlich ein Exemplar auf dem rauen grünen Rasenteppich im Badvorzimmer (das im Grunde ein bescheidener Kellerraum ist), wo das Fenster offen stand. Alle Achtung, dachte ich, die muten sich ganz schön was zu, um auf die schönen glatten Fliesen zu kommen, der Teppich muss für einen Schneckenleib das reinste Nagelbrett sein. Aber die können so einiges machen mit ihrem Schleim, habe ich bei meinen Recherchen erfahren. Es gibt Schnecken, die können sich an ihrem Schleim von einem Baum abseilen, manche paaren sich sogar in der Luft, nur von einem Schleimfaden am Absturz gehindert. Im Schleim liegt also das Wunder des Lebens dieser seltsamen Tiere begründet. Wenn man mit menschlichem Nasenschleim so viel anfangen könnte, wir alle wollten ständig erkältet sein!
Irgendwann war aber doch Schluss mit meiner Anerkennung: An dem Tag nämlich, als sich eine der dicksten braunen Wegschnecken knapp unterhalb des Badezimmerfensters an der Wand festgesaugt hatte und dort stundenlang nicht wegging. Ich fass die nicht an, dachte ich. Irgendwann hat das dann wohl auch jemand für mich gemacht, die Schnecke war weg, aber sie musste gewaltsam von der Wand gerissen worden sein, denn übrig geblieben waren sowas wie zwei Saugnäpfe. Vielleicht waren das auch ihr After und ihr Mund, jedenfalls muss der Schnecke jetzt was fehlen, sofern sie noch lebt, denn das klebt nach wie vor an unserer Badezimmerwand. Vielleicht möchte das ja eine andere Schnecke essen. Die Damen und Herren fressen sich nämlich auch gegenseitig, habe ich erforscht und selbst beobachtet. Also, liebe Nacktschnecken: Es ist angerichtet und inzwischen bestimmt so gut wie ein richtiger Parmaschinken, schön luftgetrocknet und gereift, noch keine 16 Monate, aber vielleicht mögt ihr ja nächstes Jahr wiederkommen.
Montag, 18. August 2008
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