In diesem Eintrag geht es nicht nur um Technik, noch nicht einmal nur um Nichttechnik. Es geht auch ziemlich viel um Faulheit, genauer: um Prokrastination, die Lust am Verschieben. Trotzdem finde ich die Technik als Titel ganz schön, so gibt’s für die Männer auch ein bisschen Vorfreude.
Technisches Gerät empfinde ich wie zu erledigenden Papierkram: Alles, was nicht reibungslos funktioniert oder sich nicht quasi von selbst erledigt, versursacht mir körperliches Unbehagen und führt dazu, dass ich versuche, es aus meinem Alltag zu verbannen. Gleichzeitig fühle ich mich aber durchaus nicht hilflos gegenüber zu lösenden technischen Aufgaben und möchte auch gar nicht zu viel Hilfe in diesem Bereich in Anspruch nehmen, da dies meiner Unabhängigkeit und Emanzipation widerspräche. Und prinzipiell ist mein Glaube daran, im Grunde alles zu können, nicht so leicht zu erschüttern. Auf der anderen Seite ist da diese unglaubliche Unlust Dingen gegenüber, die keinen Spaß machen. Beispiel Steuererklärung: Ich verstehe, was man tun muss, um nach einem Jahr der Arbeit Geld zu bekommen, das man zwar verdient hat, das einem aber aus komplizierten Gründen nicht ausgezahlt wurde. Ich kann auch, rein praktisch gesehen, sehr gut Formulare ausfüllen, Additionen – per Taschenrechner – durchführen und vorher gesammelte Unterlagen und Belege zusammenheften. Aber der Wille, Herrgott, der Wille! Der sträubt sich wie ein wildes Pferd. Der findet Formularkram das Unnötigste und Ödeste, womit ein Mensch sich beschäftigen kann. Und da sich ein wildes Pferd nicht einfach von jetzt auf gleich zureiten lässt, lasse ich den Gaul erst mal in Ruhe grasen, vulgo: verschiebe die Steuererklärung. Um einige Wochen, einige Monate, gern ein Jahr, bis sich eben irgendein Finanzamt meldet. Bin in letzter Zeit eh so oft umgezogen, die wissen gar nicht mehr, wo ich bin.
Ähnlich verhält sich mein Wille bei der Aussicht auf, sagen wir, das Installieren eines Druckers oder das Verlegen eines neuen Telefon- und Internetanschlusses. Letzteres wurde bei uns nun nötig. Und meine Mitbwohnerin Maggy und ich ähneln uns sehr in den Wildheiten unseres Willens. Es ist für uns beide die größte vorstellbare Qual, die angehäuften Dokumente auf unseren Schreibtischen zu ordnen, zu sortieren und – GAU – zu bearbeiten. Deshalb tun wir es in der Regel nicht, bis etwas mehr oder weniger Schlimmes uns dazu zwingt (wie etwa eine Mahnung, die den zu zahlenden Betrag um mehr als zwanzig Prozent erhöht). Und wir können beide ganz gut Fahrräder reparieren (Maggy noch besser als ich), aber ich lasse die Handbremse jetzt erst mal baumeln, solange sie nicht verloren geht. Auch wenn es schon stört, dass ich sie samt Gangschaltung beim Fahren die ganze Zeit festhalten muss.
Und nun hatten wir also eine neue Telefon- und Internetflatrate bekommen, die allerdings nur funktioniert, wenn man die dazugehörige Box mit Rooter und Kabeln und Owehlan installiert.
An dem Tag, als die Box kommen sollte, bin ich noch ein bisschen länger in der Stadt geblieben, um nicht allzu früh nach Hause zu kommen. Beim Betreten des Hauses erfüllten sich jedoch meine schlimmsten Befürchtungen: Der Flur war ein Wald aus Kabeln, Rootern, Hämmern, Zangen und Nägeln. Und im Nebenzimmer saß eine rauchende Maggy, die starr und reglos auf ihren Comupter blickte und mich nur mit einem Brummen begrüßte. Das tut sie nur, wenn sie sehr angespannt ist. Ich erfasste sofort den Ernst der Lage und stellte mich auf einen unliebsamen Abend ein, denn ich wusste ja, was zu tun war und tat es auch besser gleich: Ich bot ihr meine Hilfe an. Zu meiner heimlichen Erleichterung ging sie gar nicht richtig darauf ein, sondern murmelte nur irgendwas und starrte weiter verbissen auf den Bildschirm. Denn Maggy hat wie ich den Ehrgeiz, die unangenehmen Dinge, wenn sie schon sein müssen, dann doch wenigstens alleine zu schaffen.
Ich kam denn auch ganz gut weg an jenem Abend; meine Aufgabe beschränkte sich auf das Vorlesen einer sehr kleinen Nummer auf der Rooterrückseite. Das war okay. Nicht so ganz okay ist bis jetzt unsere heimische Telekommunikation. Man kann telefonieren, unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel ist es nicht so gut, sich anrufen zu lassen, da kommt die Verbindung oft nicht zustande. Aber man kann zurückrufen). Man kann auch ins Internet, aber nicht mehr über Wehlahn, der is über de Wupper. Die ersten Tage dachte ich, ich sollte mir das auch mal in Ruhe angucken mit der Installation, eigentlich kapier ich sowas immer ganz gut, aber erst mal warte ich, ob’s nicht doch irgendwann von selbst geht. Es ging nicht von selbst, aber wir haben jetzt zwei Kabel statt Owehlan. Ein ganz kurzes, das reicht genau von der Anlage bis zu Maggys Computer und ist eine straff gespannte Stolperfalle in Oberschenkelhöhe. Und ein ganz langes, das ziehe ich, wenn ich ins Internet will, über die Treppe hoch in den ersten Stock, wobei meistens erst mal die Telefonanlage runterfällt. Und hinterher rolle ich es wieder auf und bringe es runter und stecke es hinters Fax (wobei meistens das Fax runterfällt), damit nicht nachts auf dem Weg zum Klo jemand drüber stolpert. Oder sich daran würgt, es hängt nämlich bei Benutzung quer durch den Flur in der Luft. Es soll auch demnächst jemand kommen, der sich mit sowas auskennt. Diese Aussicht finde ich gut und bin solange einfach heilfroh, dass ich nichts machen muss außer ein bisschen aufpassen mit dem Kabel. Früher hat man nämlich auch sehr gut ohne WLAN gelebt. Da wusste man ja gar nicht, was das heißt. Ich dachte erst, das wäre ein türkischer Freundeskreis.
Und noch früher, als der ganze Computerkram gerade anfing, da wusste man noch viel weniger. Man wusste nicht, wie so ein Computer bedient wird. Bei Maggy lief der erste Versuch so: Sie hatte gehört, das sei alles sehr einfach mit so einem PC, man müsse nur ein paar Befehle eingeben und er mache alles, was man wolle. Sie bekam ein älteres Exemplar geschenkt, es war MS-DOS-Zeit. Das war das mit der grünen Schrift vor schwarzem Hintergrund. Maggy war allein, sie fand den Anschaltknopf und sah die grüne Schrift, hatte aber keine Maus gefunden und wusste, dass man die braucht. Also schrieb sie einfach auf der Tastatur: WO IST DIE MAUS? ENTER Als der Computer nicht antwortete und auch sonst nichts tat, versuchte sie es auf Englisch: WHERE IS THE MOUSE? ENTER Wieder keine Reaktion; sie beschloss, die Befehle zu verkürzen: MAUS? ENTER, nichts. Dann also: MOUSE? ENTER
Inzwischen sind wir da alle fixer und schlauer geworden. Ich sage nur noch manchmal zum Blackberry (das heißt, zum Blackberry anderer Leute, ich selbst bin noch nicht so weit) versehentlich Blueberry. Klingt auch irgendwie netter, leckerer. Und am Ende sind mir Sprache und Essen doch wichtiger und angenehmer als Technik.
Montag, 1. September 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Nun haben wir das w-lan Problem aber gelöst. Natürlich nur Dank der Hilfe einer guten Freundin.
Und wieder was dazu gelernt: eine firewall verhinderte dass ein Programm geöffnet wurde, dass aber für diese w-lan nötig ist. Sonst hatten wir schon alles richtig gemacht.
besos Maggy
Kommentar veröffentlichen