Dienstag, 31. März 2009
Eine Rose ist eine Hose ist eine Frau
Also, geschätztes Publikum, ich lade Sie ein, mit mir folgenden zweifellos etwas übers Knie gebrochenen Syllogismus gedanklich durchzuspielen und sich danach auf die Fortführung des so angeschnittenen Themas umso mehr zu freuen:
Der des Portugiesischen nicht Mächtige Deutsche hält das portugiesische Wort für "Rose" beim reinen Hören desselben leicht für das deutsche Wort "Hose".
Als guter Latin Lover setzt der Portugiese, hat er nur genug Portwein getrunken, gern Frauen verbal mit Rosen gleich.
Also hält der des Portugiesischen unkundige Deutsche in Portugal (oder auch - natürlich! Brasilien) beschriebene Frauen oft für Hosen.
Fortführung folgt, werte Leser! Und bald gibt es auch wieder eine schnuckelige kleine Lesung in gediegener Umgebung. Bleiben Sie uns also treu und haben Sie uns weiter lieb, auch wenn wir Sie zuweilen ein wenig vernächlässigen!
Donnerstag, 12. März 2009
Besoffene Vögel mit Hauben
Es ist doch erstaunlich, wie lange der Mensch mit Überzeugungen durch die Welt laufen kann, ohne sich jemals von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Ich erinnere mich da an eine ältere Dame, die etwa um die Jahrtausendwende vor mir in der Schlange am Postschalter stand. Als sie an der Reihe war, wollte sie dem Postbeamten nicht glauben, der ihr sagte, diese Postleitzahl sei falsch, die gebe es nicht mehr. Sie habe aber immer an diese Postleitzahl geschrieben, beharrte die Dame. Vielleicht hatte sie nie überprüft, ob ihre Post auch ankam in den sieben Jahren davor. Oder sie hatte seit der Umstellung auf die fünfstelligen Postleitzahlen 1993 einfach keinen Brief verschickt.
Bei mir dauerte die Zeit bis zur Fehlerrealisierung allerdings noch etwas länger, nämlich mein ganzes bisheriges Leben – immerhin bald 30 Jahre – minus ein paar Tage. In dieser ganzen Zeit war ich der festen Überzeugung, eine Haubitze sei ein kleiner mitteleuropäischer Singvogel mit haubenähnlichem Kopffederwuchs. Ähnlich wie die Elritze, von der ich immerhin mit Sicherheit weiß, dass sie ein Fisch und somit dem Tier-, wenn auch nicht dem Vogelreich zuzuordnen ist. Rehkitze, Kiebitze, Elritze, Hundezitze – bei so vielen „itzen“ in Deutschlands Fauna konnte auch die Haubitze für mich nur dort beheimatet sein.
So hatte ich denn jahrzehntelang immer dann, wenn der inzwischen etwas antiquierte Kommentar „Er/sie/wir war(en) voll wie eine Haubitze“ fiel, folgendes schöne Bild im Kopf: Die betreffenden Personen saßen, zu kleinen hübschen Singvögeln mit Menschengesichtern und haubenähnlichem Kopffederwuchs mutiert, volltrunken und schwankend mit ihren Singvogel-Saufkumpanen auf überirdischen Stromleitungen und bogen sich vor Lachen oder sangen beschwipste Lieder, und manchmal fielen sie auch von der Stromleitung, weil sie so besoffen waren. Warum gerade den Vogel Haubitze ein solcher Hang zum übermäßigen Alkoholkonsum kennzeichnen sollte, war mir schleierhaft – aber wer denkt schon über die Bedeutungsherkunft jedes einzelnen Sprichworts nach.
Neulich dann, kurz nach Karneval, redeten meine Mitbewohnerin (eine echte Norddeutsche) und ich über eben jenes Volksfest. Dass dort eine Menge Alkohol konsumiert wird, ist in der Regel Thema Nummer eins, gerade wenn man mit Nicht-Karnevalisten darüber spricht. In diesem Zusammenhang entfuhr mir die Redewendung, die ich eigentlich für antiquiert halte und so gut wie nie benutze, dann aus nicht erkennbarem Grund: „Klar sind alle voll wie die Haubitzen“, oder etwas Ähnliches. Wahrscheinlich dachte ich unbewusst daran, dass im Karneval ja auch viel gesungen wird, und dabei fielen mir meine singenden Haubenvögel ein. Und abends im Bett dachte ich dann, was ich schon ein paar Mal in meinem bisherigen Leben gedacht, dann jedoch nie in die Tat umgesetzt hatte: Du musst doch einmal nachschauen, ob eine Haubitze wirklich ein Vogel ist. Irgendwie schwante mir wohl schon länger, dass sich meine Überzeugung nicht auf verifizierter Erfahrung, sondern rein auf intuitiv motivierten Vermutungen gründete. Und schaute tags darauf nach, natürlich in der gütigen Mutter aller Informationsquellen, unserer schönen Wikipedia. Und da sah mich dann drohend vom Foto ein riesiges, auf einen Panzer montiertes Kanonenrohr an! Kein Haubenvogel, sondern ein „Artilleriegeschütz“! Nicht niedlich, sondern tödlich! Kein Gesang, sondern Geschosse! Und „voll“ konnten die älteren Haubitzen wohl vor allem deshalb sein, weil in sie ordentlich dicke Kanonen gestopft wurden.
So ist denn, wenige Monate bevor ich mein drittes Lebensjahrzehnt beschließe, meine Gedankenwelt wieder um eine schöne Illusion kindlicher Unschuld ärmer geworden. Ja, ich weiß, Desillusionierung gehört zum Erwachsenwerden wie die Krise zum Börsenboom. Alkoholkonsum hat im kulturellen Gedächtnis des Volksmundes nichts mit Singen, dafür einiges mit Krieg zu tun. Als ich dies erkannte, nahm ich eine Flasche Fernet Branca (da ist immerhin ein Vogel drauf) und trank, bis ich voll war wie ein Kanonenrohr.