Sonntag, 6. Dezember 2009

Glaubens-Heureka mit Teufelsaustreibung

An diesem Wochenende wurde ich mehrfach geläutert und am Ende bekehrt. Aber ich muss anders anfangen.
Es ist ja wieder in Mode, sich zu einem Glauben zu bekennen. Christen, Juden und Muslime haben ihren einen Gott, Hindus ihren Brahma-Vishnu-Shiva, Buddhisten ihre innere Ruhe, Esoteriker ihren Esoteros und Atheisten immerhin ihren Nichtglauben. Und was mach ich, dachte ich bisher. Ich muss ohne diese Sicherheit im Rücken klarkommen und gerate bei der Gretchenfrage immer in Verlegenheit. Diese Probleme bin ich seit heute los. Aber der Weg dorthin war steinig und schmerzhaft.
Begonnen hat es damit, dass ich gestern Abend zum ersten Mal das Vergnügen hatte, an einer Queimada teilzunehmen. Das ist ein galizischer Brauch, dessen rituellen Teil sich mit Sicherheit irgendwelche Kelten ausgedacht haben, auch wenn die vielleicht nur der Legende nach in Galizien waren, in grauer Vorzeit. Der Brauch geht so: Zuerst trinkt man viel Alkohol und isst kalorienreiche Sachen wie Kastanien, belädt sich auf diese Weise also ordentlich mit Sünde, aber: Die Sünde ist hier heidnisch und taucht deshalb in Form von Dämonen auf. Diese Dämonen gilt es nun auszutreiben, was traditionell in der Nacht vor Allerheiligen geschieht, wenn man nicht der Halloween-Mode anhängt (gegen die ich mich bei der Gelegenheit gern zwar in Klammern, gleichwohl mit aller Deutlichkeit aussprechen möchte). Heutzutage ist man mit den Terminen ein wenig flexibler. Idealerweise um Mitternacht wird dann ein großer Tontopf mit einem Trank aus starkem galizischen Schnaps, Früchten und Kaffeebohnen auf den Tisch gestellt und – hier beginnt die eigentliche Queimada – angezündet. Und was ein richtiger Zaubertrank ist, braucht natürlich einen Zauberspruch, mit dem die mächtigen Elemente angerufen werden, kraft des einzunehmenden Gebräus die bösen Dämonen, Satyren und Verwünschungen zu vertreiben, die auf den Seelen der Anwesenden und deren Freunden in der Ferne lasten (vor allem bei denjenigen, die keiner der eingangs aufgeführten Glaubensrichtungen anhängen). Unter anderem geht es in dieser Beschwörung um "Fürze aus höllischen Ärschen". Mir, die als deutsche Muttersprachlerin die Ehre hatte, den aus dem magischen Galizischen ins Deutsche übersetzten Text vorzutragen, wollten aber partout keine höllischen Ärsche über die Lippen kommen – es wurden immer holländische Ärsche. Mir tat das sehr leid, ich bin ja nun ein Grenzkind und unseren holländischen Nachbarn eigentlich wohlgesonnen. Aber da sieht man mal, was jahrelange nächstenfeindliche Indoktrinierung in der niederrheinischen Heimat ausmachen kann – der Diskriminierungsdämon in mir wollte einfach ums Verrecken den Holländern eins auswischen. Gott sei Dank (eigentlich sage ich das jetzt gar nicht mehr, nach meiner Glaubensfindung, aber dazu später) habe ich ihn dann zusammen mit all den anderen Dämonen ausgetrieben mit dem brennenden Gebräu, das einem wirklich die Kehle verbrennt, dass es einen schüttelt. Wenn bei der Hitze noch irgendwas an Dämonen-Bazillen überlebt, will ich nicht mehr Fraunoelle heißen.
Von dem vielen Alkohol und der anstrengenden Dämonenaustreibung muss man sich dann allerdings einen ganzen Tag erholen, man sollte sich also am nächsten Tag nichts Großes vornehmen. Die so gereinigte Seele braucht Ruhe. Ich brauchte allerdings noch ein weiteres exorzistisches Erlebnis bis zur Erleuchtung, und das war fast noch schmerzhafter als das erste. Am heutigen Abend war ich nämlich endlich wieder bereit zur Nahrungsaufnahme und entschied mich aufgrund akuter Kochfaulheit für eine koreanische Suppe, die ich gleich beim netten Koreaner um die Ecke zu mir nahm. Ich musste ziemlich lange warten und las währenddessen einen Zeitschriftenartikel. Als die Speise endlich kam, löffelte ich beherzt zu – doch Satan, Luzifer und Beelzebub! Die unschludig klar dreinblickende dünne Gemüsesuppe war nicht nur so heiß, dass sie mir meinen gesamten Gaumen verbrannte, sondern auch so scharf, dass mir sofort Tränen in die Augen schossen, die gleich weiter auf meine Zeitschrift tropften. Allmächtiger, war ich versucht zu denken, wer immer du auch bist, du machst es mir nicht leicht, du stellst mich auf eine harte Probe. Ich erkannte jedoch auch zugleich, dass diese Probe nun noch von mir verlangt wurde, dass ich der Erkenntnis ganz nah war, dass es nur noch dieses eine Hindernis zu überwinden galt. Und so kämpfte ich mich weiter durch die Feuerqualen , die ich doch schon gestern Nacht erlitten hatte, wenn auch auf andere Art. Tapfer löffelte ich weiter, laut schniefend und stöhnend, so dass sich einige Restaurantgäste besorgt zu mir umdrehten, und wischte mir mit der bald durchnässten Serviette immer wieder Schweiß und Tränen aus dem Gesicht.
Ich schaffte es nicht ganz. Ein wenig musste ich übrig lassen von der Läutersuppe, ich konnte einfach nicht mehr. Doch offensichtlich hatte es gereicht: Denn als ich endlich wieder auf die Straße trat, Gesicht und Kehle immer noch von Feuer glühend, und mich der strömende Regen sogleich angenehm abkühlte, da merkte ich: Sapperlot, ich bin ganz leicht! Alle Flüche, Hexensprüche und Dämonenexkremente sowie sämtliche Fürze der Höllen dieser Welt waren plötzlich von meiner Seele genommen. Das Wasser aus der Luft löschte endlich den Brand in mir, und da kam mir der glasklare Gedanke: Mensch Meier, was bin ich, wenn nicht eine waschechte Heidin? Die durchlebten Rituale haben mir gezeigt, ja, ich fahre gut mit dem Glauben an Dämonen und Gegenzauber, das ist mein Ding, da weiß ich, was ich hab. Ich finde Gefallen an den vier Elementen der Natur und kann ganz gut damit leben, ein- bis zweimal im Jahr eine Feuerprobe durchlaufen zu müssen, wenn man sich danach so rein, wach und frisch fühlt. Ich spare dadurch Ayurveda und Kirchensteuer und muss mich endlich nicht mehr verstecken, wenn es um Glaubensfragen geht. Und ein Gefühl großer Zufriedenheit erfüllt mich seitdem. Ich glaube, mein nächster Feuertermin ist die Johannisnacht. Muss mich unbedingt informieren, was ich da genau machen muss.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

En la noche de San Juan en muchos lugares de España sólo tienes que saltar el fuego (si es pequeño, que no suele serlo)o atravesarlo en 2, 3 ó 4 zancadas. En algunos lugares, los hombres lo atraviesan con sus novias a la espalda, por lo cual lo único que tienes que hacer es confiar o conocer bien al que en ese momento sea "tu burro".
En Asturias, antes de la hoguera, los moz@s van a decorar las fuentes (enramar) con plantas y flores que hay que recoger primero de bosques y parques oscuros lo que puede conllevar algún escarceo . En todo caso y ya sea sidra, vino, o cualquier otro tipo de alcohol, siempre hay un espirituoso usado para levantar la moral y quitar el miedo.
Se recomienda siempre llevar ropa de algodón o lana. Tener un novio bombero para la ocasión no estaría nada mal y si es del cuerpo de Bilbao, mejor que en los calendarios he visto que están de toma pan y moja. Espero haberte sido de ayuda para que planifiques. Te acompano con gusto

fraunoelle hat gesagt…

Pues... sí, senor/a anónimo, muchas gracias por estas explicaciones estupendas. Si sólo supiera quién es usted podríamos entrar juntos en fase de planificación. Y le preguntaría si me haría de burro para atravesar el fuego.

abhängen

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