Samstag, 2. Januar 2010

Zum neuen Jahr eine Kniefeige

Willkommen, liebe Leser, im neuen Jahrzehnt und im dritten Septentryo-Jahr. Schön, dass Sie auch in den Zehnerjahren weiter vorbeischauen. Kinder, die im Jahr 2000 geboren wurden, werden dieses Jahr zehn Jahre alt. Wie finden wir das? Wissen Sie auch noch so genau, was Sie Silvester 1999 gemacht haben?
Das neue Jahr begann für mich passenderweise mit einem Neologismus. Es war die fortgeschrittene Uhrzeit, zu der man an Neujahr aufzustehen pflegt, wenn man keine kleinen Kinder hat und nicht zur Gruppe der überzeugten Lerchen gehört. Später Nachmittag also. In einer trägen, im Sitzen ausgetragenen Keilerei schlug ich dem Spanier an meiner Seite (gut, diese Formulierung habe ich von Petra Reski geklaut, aber bei ihr ist es ein Italiener) eigentlich scherzhaft aufs Knie. Es klatschte ziemlich laut, ich erschrak ein wenig, weil ich ja niemandem ernsthaft Schmerz zufügen will, und sagte entschuldigend: "Tut mir Leid, jetzt habe ich dich wirklich geohrfeigt." Besagter Spanier blickte einige Sekunden lang ernst auf sein Knie und sagte dann ebenso ernst: "Geohrkniet." Diese bezaubernde Wortschöpfung erheiterte mich nun so sehr, dass ich im folgenden Lachanfall zu ersticken drohte, dabei aber noch mühsam herausbrachte, dass es ja, wenn überhaupt, dann doch gekniefeigt heißen müsse. Darauf besagter Spanier, im Hinausgehen: "Siehst du, wenn du mich ohrkniest, kniefeige ich dich mit Worten."
Diese Wortspielerei führt nun zu einer Menge linguistischer und küchenphilosophischer Schlüsse, von denen ein Teil das neue Jahr als Vorsatz oder doch als Wunsch begleiten könnte:
  • Eine Ohrfeige muss strenggenommen das Ohr treffen, sonst ist es nur eine Feige.
  • Eine Feige allein macht noch keinen Schmerz, sondern ist ein Obst, und zur Gewalthandlung wird sie nur in Verbindung mit dem Ohr. Aber wird sie es auch mit dem Knie?
  • Man kann jemanden nicht feigen. Feigen ist kein Verb. Aber in Verbindung mit dem Präfix ohr- wird es zu ebendem.
  • ohr- ist also ein Präfix im Deutschen, das aus einem Importobst eine Gewalthandlung macht.
  • Als Neuerung für das Einbürgerungsverfahren in Deutschland schlage ich anstelle des Sprachtests folgende Aufgabe vor: Kreieren Sie mindestens drei deutsche Neologismen, vorzugsweise durch Verbaffigierung. Die schönsten Neuschöpfungen werden mit einem Eintrag in den Duden belohnt.
  • Ich bin auf jeden Fall dafür, dass Deutschland sich in seiner Eigenschaft als Einwandererland weiter entwickelt. Damit unsere Sprache lebendig bleibt.

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