Dieser Titel ist mir schon so lange im Kopf, dass ich die Dauer gar nicht mehr in Zahlen benennen kann. Und der lange Zeitraum zwischen Idee und Niederschrift hat auch gleich zu hundert Prozent mit dem Thema zu tun.
Seit ich nach hier oben gezogen bin, bin ich ja nicht mehr nur Einwohnerin Kölns, sondern auch eine Hamburgs und damit - frei nach Adam Riese - Zweiwohnerin. Das Schicksal der Zweiwohnerschaft trifft viele Vertreter meiner Generation, ich bin da weiß Gott nicht die einzige. Wir alle sind ein bisschen auf Karriere aus und haben in der Regel eine besondere menschliche Bindung, meist an eine bestimmte Person (oder, im fortgeschrittenen Stadium, an zwei oder mehrere), die uns ins Zweiwohnerdasein führt. Wir wollen lieben und Karriere machen, uns selbst und andere erfüllen. Wobei das die Industrieversion der Zweiwohnerschaft ist; die ganz Armen sichern auf diese Weise nur das nackte Überleben, da ist nichts mit Familienromantik. Diese Gruppe muss ich aber hier leider außer Acht lassen; ihre Betrachtung würde auch zu weit ins Politische führen.
Zweiwohner sein bereichert - zumindest mich - um Eindrücke, Erfahrungen, Begegnungen. Ich schätze das sehr und glaube auch, dass es Charaktere gibt, die derart kosmopolitisch und unstet sind, dass sie das permanente Nomadenleben nicht nur ertragen, sondern auch lieben, ja kaum anders können. Sie leben wie ein nie eingepflanzter Ableger oder wie ein Schnittblumenstrauß, immer genährt vom Wasser für ein paar Tage. Lange Zeit war ich überzeugt, selbst ein richtiger Vagabund zu sein, mit Leib und Seele mobil. Über Länder und Meere hinweg. Aber, Senores (leider baut der Mac mir kein enie ein), ist es nicht so: Die große Mehrheit von uns schlägt irgendwann Wurzeln, will eine Heimat. Wenn dies schöne Wort für uns nicht das ist, was uns in der Kindheit umgeben hat, suchen wir es uns eben woanders. Oder manchmal wechseln wir unsere Heimat, im Herzen meine ich, aber fast sicher ist doch, dass wir eine wollen, eine suchen, das vielleicht auch nicht immer zugeben.
Denn das Zwei- oder Mehrwohnersein zehrt, andererseits, an vielem: An der inneren Ruhe, der inneren Uhr, an der Intensität von Freundschaften oder allgemein von zwischenmenschlichen Beziehungen, an unserem Konto, der Schönheit unserer Wohnungen (man kann sich ja nicht überall um alles kümmern), an der Regelmäßigkeit der Blogeinträge (auch wenn es das oder den Blog ja eigentlich nährt). Aber vor allem zehrt sie an unserer Freizeit, und zwar im Wortsinn der freien Zeit für uns selbst. Wo bleiben wir zwischen Arbeit, Fahren, Essen, (spät) Schlafen, dem Liebsten und dem Zahn der Zeit? Wo bleibt das Nichtstun, wann lesen wir ein Buch oder legen es dann doch nach drei Sätzen wieder hin, um einfach nur nachzudenken?
Auch das auf Dauer wichtige Gefühl von Gewissheit bleibt bei dieser Lebensform oft auf der Strecke. Sicher, ein Herz in Aufruhr ist aufregender als ein Herz im Ruhezustand, aber ob die ständigen Abschiede gut für so ein Herz sind? Immer wieder sich trennen und neu zurückfinden, kann da Routine reinkommen? Kann man gleichermaßen an zwei oder mehr Orten zu Hause sein? Ich bezweifle das inzwischen. Was will ich auf Dauer, mein geliebtes und gelebtes Rheinland oder den frischen, verheißungsvollen Wind des Nordens? Halve Hahn oder Labskaus? Karneval oder Nordsee (mir fiel kein anderer Vergleich ein, die haben ja hier oben keine Bräuche)? Dom oder Michel?
Und immer hängen Menschen dran an den Entscheidungen und Verwurzelungen. Eigentlich bilden doch sie ein Gutteil der inneren Heimat. Vielleicht hinkt auch der Pflanzenvergleich. Denn vor allem sind wir ja wohl das: Rudeltiere im Revier. Und das Revier steckt sich mal dort, mal hier.
Samstag, 12. April 2008
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1 Kommentar:
Sei Teil meines Rudels, es weitet sich gerade aus... Und: Aus zweiwohnen wird auch irgendwann (wieder) einwohnen, ich weiß, wovon ich rede. Und: home ist where the heart is – und manchmal zieht das herz auch dem home hinterher! also: wolle, mach hinne!!!
Kuss, ritztine
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