Also, vorab muss ich ja mal anmerken, dass auf Deutschlandradio Kultur gerade New Model Army läuft, die alten Schinken. Das passt doch gar nicht in deren Konzept. Na, egal. Die machen gerade ein ganzes Feature über NMA. Komisch.
Mannomann, jetzt muss ich mich aber ranhalten. Das ganze Wochenende Blogabstinenz, ich hab so viele Themen und es ist schon wieder spät. Die Tage sind einfach zu kurz hier in Hamburg. Warum, werde ich gleich näher erläutern. Und im Anschluss gibt es vielleicht noch ein zweites Thema, wenn ich das körperlich und nervlich heute noch schaffe. In jedem Fall wird es hier und heute verstärkt um die Stadt Hamburg gehen. Um ihr spezielles Raum-Zeit-Kontinuum.
22 Minuten können in einer Stadt von der Größe Hamburgs alles bedeuten. Sie können den Verlauf eines Abends bestimmen. In meinem Fall haben sie das heute getan.
Wegen der Ostertage haben die Wochenmagazine diese Woche verkürzte Produktionszeit, so auch meins. Deshalb musste ich heute außer der Reihe arbeiten. Trotzdem war es ja wieder Zeit für mein wöchentliches Probetraining; ich hatte mir auch schon was ausgeguckt, war aber nicht weitsichtig genug gewesen, meine Karatesachen schon mit zur Arbeit zu nehmen. Durch einen ausgedehnten Kaffee mit netten Kolleginnen war es dort etwas später geworden. Ich dachte, wenn ich um fünf losfahre, schaffe ich's bis sieben zum Training in Eimsbüttel - von Harburg aus gesehen ist das am anderen Ende der Stadt. Leider war es aber schon 17 Uhr 22, als ich das Büro verließ. Ui, dachte ich, jetzt aber schnell! Das schaffe ich noch! Ich will Karate! Und dann habe ich die höchste auf zwei Stunden verteilte Sprintfrequenz meines bisherigen Lebens hingelegt. Ich kann das recht genau nachzeichnen: Vom Büro zur U1 gerannt, gewartet, zum Hauptbahnhof gefahren. 6 Minuten insgesamt. Dann durch den Hauptbahnhof gerannt, eine sehr schwierige Strecke, man kommt einfach nicht vorwärts bei den vielen Menschen. Dass ich Stiefel mit Absätzen trug, erwähne ich nur am Rande. S3 nach Harburg, 15 Minuten. Dann die vielen, vielen Stufen (voller Menschen) hoch aus dem Harburger Bahnhof raus zum Bus, der natürlich proppenvoll war. Nochmal 8 Minuten Busfahrt, und der Kerl kommt einfach nicht aus dem Bahnhof raus, kann das denn so ewig dauern? Nach Hause gerannt (3-4 Minuten), die Stufen hoch in mein Zimmer, Sachen aus dem Schrank gezerrt, in den Rucksack geschmissen, Rock gegen Hose, Stiefel mit Absatz gegen die ohne Absatz und Brille gegen Kontaktlinsen getauscht (5-6 Minuten), in aller Hast das Fahrrad aus der Garage geholt, damit bin ich schneller, wenn nicht gerade genau ein Bus kommt. Das Fahrrad fällt aber leider immer um, wenn ich es vor der Garage abstelle, weiß nicht warum. Und von dem Garagentor wird man im Rausgehen immer erschlagen, wenn man nicht aufpasst. Da muss man also auf Vieles gleichzeitig achten. Ich also losgedüst, Bus fährt an mir vorbei, während ich noch darauf warte, die dämliche Winsener Straße überqueren zu können. Diese Straße macht mich kirre, es ist die Nord-Süd-Ausfallschneise Hamburg-Lüneburg, auch wenn sie gar nicht so groß aussieht. Jedenfalls kommt man da einfach nicht rüber, schon gar nicht zu Berufsverkehrszeiten. Endlich rase ich los, den Hügel runter, dem Bus hinterher. Im Vorbeifahren sehe ich auf der elektronischen Anzeige, dass da in 2 Minuten schon wieder ein Bus kommt. Blitzschnell kalkuliere ich das mögliche Zeiteffizienzmaximum, rase zur nächsten Haltestelle, schließe das Fahrrad dort an, um doch den Bus zu nehmen, zum Bahnhof geht's nämlich bergauf, da ist der schneller. Das Schloss will aber natürlich nicht so wie ich in der Eile, da kommt schon der Bus und ich fummle immer noch, ich schreie das Schloss an, "MANN!!" Ich reiße einfach den Schlüssel raus, keine Ahnung, ob es abgeschlossen ist, und hechte in den Bus. Wieder proppenvoll, wieder zermürbend langsam, ich schwitze, es sind nur 2 Stationen. Dann wieder raus aus dem Bus, die Stufen runter im Sprint, da steht die S31 abfahrbereit, kann ich die nehmen, ich muss doch am Jungfernstieg umsteigen, doch geht alles klar rein. Und dann fährt der Hammel erst mal schön gemütlich wie zur Elbkreuzfahrt, ich werde gleich wahnsinnig. Wirklich, ich fühle den Wahnsinn an meiner Gehirnwand nagen. Das Blöde ist auch, dass ich nicht genau weiß, wo ich hin muss. Weiß nur die Haltestelle und den Namen der Schule, sollte reichen, aber bei der Zeitknappheit... Wieder am Hauptbahnhof renne ich zur U2, das ist die rote, durch die Menschenmassen und quer durch den Bahnhof. Die U2 kommt auch gleich, weiter weiter, am Schlump raus, jetzt nur noch eine Haltestelle mit dem Bus, hat man mir gesagt, aber der Schlump(f) ist groß, ich finde so schnell die Bushaltestelle nicht, es ist acht vor sieben! Dann sehe ich doch den blöden Bus von hinten, zu spät, ich renne einfach hinterher, ist ja eh nur eine Station. Zwischendurch frage ich immer mal wieder Menschen nach der Bundesstraße und der Astrid-Lindgren-Schule, bin aber immer zu ungeduldig, ihre Antworten bis zum Ende abzuwarten und renne jedesmal schon weiter, bevor sie ausgeredet haben, sie wissen es eh alle nicht. Ja, und dann finde ich doch diese bekloppte Schule nicht. Da sind überall Schulen, und ich bin in der richtigen Straße, aber die Astrid-Lindgren-Schule kennt kein Schwein. Alles Scheißzugezogene. Und ich finde kein Tor und keine Turnhalle, wo ich rein könnte. Ich rüttle, ich renne, ich suche. Aber der Scheißschlumpf will mir einfach nicht preisgeben, wo er Astrid Lindgren versteckt hält. Um zwanzig nach sieben gebe ich auf. Ist jetzt eh viel zu spät, so kann man nicht zum Probetraining reinplatzen. Ich fahre also wieder zurück, den ganzen Scheißweg, diesmal nicht hektisch, sondern resigniert. Steige in Harburg eine Haltestelle vorher aus, mein Rad ist noch da, sogar abgeschlossen. Zum ersten Mal schaffe ich es, die Anhöhe bis zu unserem Haus voll durchzustrampeln. Ohne Gangschaltung.
Resümieren wir also: Weil ich 22 Minuten zu spät aufgehört habe zu arbeiten (sicher, diese Minuten waren nicht der einzige Grund, aber hätte ich sie gehabt, wäre vielleicht auch mein Kopf klarer gewesen für die Suche) bin ich insgesamt fast drei Stunden (als ich nach Hause komme, ist es kurz nach acht) ohne Ergebnis durch Hamburg gefahren und gerannt. Ich habe dabei Bewegung gehabt, die wollte ich. Meine größten Hindernisse waren die vielen Menschen um mich herum (gefühlt) und meine lückenhafte Ortskenntnis (real). In diesen drei Stunden hätte ich viele andere Dinge tun können: lesen, schreiben, essen, telefonieren, sogar ins Kino gehen, ich hätte einen ganzen Film sehen können! Oder endlich mal früh ins Bett gehen. Stattdessen habe ich bei null Effizienz und maximalem Aufwand zero Gewinn erzielt.
Ich bin ein ungeduldiger Mensch; passend zu meiner Generation der multitaskfähigen dauergestressten Niemalsraster möchte ich meine Zeit wenn möglich optimal nutzen. Leider schaffe ich das praktisch nie (ich weiß, es gibt jede Menge Seminare in Wort, Bild und Schrift zur Optimierung von Zeitmanagement). Manchmal ärgert mich das, ich sehe dann einfach meine Energie sinnlos im Raum verpuffen (und hier im Norden ist meine Energie seltsam gesteigert). Und doch: Eigentlich - im Geiste und im Herzen - bin ich auch Freund der Muße, der Zeit als Geschenk, das man nicht nutzt, sondern an dem man sich erfreut. Am besten kann ich nach diesem Prinzip der Muße leben, wenn ich weit weg von meiner Alltags- und Arbeitsumgebung, sprich auf Reisen bin. Also wundert Euch nicht, wenn ich weiter reise!
Außerdem: Dieses Hamburg ist einfach verdammt groß, das nervt. Und dieses Harburg ist nicht nur op de schääl Sick, sondern auch verdammt weit weg, ewig kann ich hier nicht wohnen, will gar nicht erst die vergeudete Zeit zusammenrechnen! Aber:
Hamburg ist so wunderschön und ich wohne paradiesisch!
Das wird das nächste Thema. Aber heute nicht mehr, Mitternacht naht und ich muss immer meine irre lange Einschlafphase einkalkuieren.
Montag, 17. März 2008
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