Hier wird es nun schon wieder um Karate gehen. Aber ein bisschen geht es auch um Erziehung, Charakter und den guten Menschen. Ich will ja auch den Nichtkaratekas das Weiterlesen schmackhaft machen.
Gestern Abend war ich wieder bei einem Probetraining. Danach konnte ich aber nicht mehr schreiben, weil Karate für Kinder alles andere ist als Kinderkram. Wegen der Osterferien fällt das reguläre Training jetzt überall aus, aber der Trainer dort hatte mir am Telefon angeboten, bei diesem Sondertraining zur Wettkampfvorbereitung von ein paar Jugendlichen teilzunehmen, sofern ich einigermaßen fit sei. Klaro, bin ich, hab ich gedacht und bin flugs hingefahren, auf einem von Maggy ausgeliehenen Fahrrad, dessen Sattel ich ungefähr um 15 cm hätte erhöhen müssen, wozu ich aber keine Zeit hatte. War ganz schön anstrengend, das Fahren damit und sah ganz schön bescheuert aus.
Na, denn mal los: Die Gruppe besteht aus zwei Mädchen, einem Jungen, einer Frau und mir; ein junger Mann kommt später dazu, der hat schon nen Braungurt. Wir anderen bewegen uns zwischen orange und blau. Beim Aufwärmen schwant mir schon was: Seilspringen. Ich werde vorher gefragt, ob ich das könne und weiß gar nicht, was ich antworten soll. Muss man Seilspringen können? Das erfahren wir sogleich: Heike (meine erwachsene Mitstreiterin) und ich hüpfen "wie aufm Schulhof", "Güli, mach das mal vor!" Güli ist ein bildhübsches Blaugurtmädchen von etwa 12 oder 13 Jahren, das einfach alles kann: Seilspringen, Karate, nett sein und liebreizend lächeln. Güli, du bist klasse. Du verdienst nur die besten, klügsten und schönsten Männer (aber fang nicht zu früh damit an), und wenn dir mal einer blöd kommt, dann zeigst du dem einfach mit ein paar gezielten Karatetechniken, wo der Hammer hängt.
Ich muss den Hammer in diesen gut anderthalb Stunden immer wieder suchen, und ich gucke mich ganz schön um dabei: Hier wird praktisch Freikampf trainiert, und das hab ich eigentlich so gut wie noch nie gemacht. Nix mit Form, Stil und Tradition, zum An- und Abgrüßen wird sich nicht mal hingesetzt. Hier geht's ab, und zwar hallo! Die Kinder werden ganz schön getriezt, und mir wird auch klar gemacht, dass ich hier ja eigentlich nicht so richtig was verloren habe. Ich komme mir ziemlich alt vor, wie ich so hinter der Schnelligkeit, Dehnung und Ausdauer der Kleinen hinterherhechle. Zum Glück habe ich Heike, die ist bestimmt noch zehn Jahre älter und gottlob nicht fitter als ich. Ohne sie wäre ich vermutlich nach einer Viertelstunde heulend rausgelaufen. Nach dem Aufwärmen (ich bin schon völlig erledigt) krieg ich fix ein paar Faustschützer verpasst, "Du hass natürlich keine, was? Da hassu welche, da nimmsu die hiä un stecks zwei Finger da rein, zwei da rein, und dann geht das ab!" So krass hat der Trainer natürlich nicht genordet, aber in der Erinnerung bauschen wir ja gern die Dinge ein bisschen auf, und ich muss ihn ja auch gescheit typisieren.
Ich tue mein bestes, einmal semmel ich Heike allerdings voll die Faust in die linke Brust, entschuldige mich sofort erschrocken. "Macht nix", sagt sie lächelnd und klopft sich auf ihre beiden Dinger, "bin gepolstert". Und da wird mir klar, dass ihre erstaunlich akkurat stehenden Brüste (die unter meinem Schlag auch ziemlich hart waren) nur ihre Brustschoner sind. Mann, das is ja klasse, das muss ich mir auch besorgen!
Am Ende des Trainings (das ich ein wenig herbeigesehnt habe) wird den Kindern erst mal gesteckt, wie scheiße sie trainiert haben, und dass sich dafür die Fahrt zum Turnier ja kaum lohnt. Kinder, ich fand euch super! Die Kleinste, Asra, ist zehn, sieht aber mindestens zwei Jahre jünger aus. Sie fährt auch mit aufs Turnier am Wochenende, aber wo das ist und was sie da macht, weiß sie nicht so genau. Trotzdem ist sie sehr nett, ich glaube, das sind die meisten Karatekinder. Meine Kinder werden auf jeden Fall auch zum Karate geschickt (ich denke, Wolfgang wird einverstanden sein), vorausgesetzt, zwischen Musikunterricht, Kindertheater, den Pfadfindern, G8 und Chinesisch für Vorschulkinder bleibt noch Zeit dafür. Die ersten drei Fremdsprachen sollten ja schon bis zur Einschulung auf dem Gymnasium drin sein, darauf kann man dann aufbauen.
Auf dem Nachhauseweg bin ich so erschöpft, dass ich mein Fahrrad das letzte Wegesdrittel (es geht ein bisschen bergauf) schieben muss. In der Dusche fällt mir dann die flutschige Shampooflasche aus der schwächelnden Hand, natürlich mit dem spitzen Kopf voraus genau auf meinen Zeh. Ich schreie richtig böse, es tut richtig weh und es kommt richtig Blut. Den nächsten Tag bestreite ich humpelnd, und ich weiß jetzt: Kinderkarate ist nichts für Erwachsene, aber Karatekinder werden vielleicht mal gute Erwachsene.
Dienstag, 11. März 2008
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