Sonntag, 9. März 2008

Der, die, das deutsche Pony oder Vorne was haben

Mein erstes nordisches Wochenende, mit Wolle und Sightseeing und Annäherung an die Hamburger Stadtkultur, herrlich. Abends bin ich dann noch mit Geli und Christine ausgegangen, meinen beiden Schulfreundinnen. Is ja nicht so, dass ich als Kosmopolitin hier noch keinen kennte (ja, das ist der Konj. II von kennen).
Nachtleben in Hamburg also. Sehr angenehm, wie ich finde; man bewegt sich irgendwo zwischen Trendsetting und Entspannung. Wir Mädels sind uns darüber einig, dass es eine gefühlte Verbindung zwischen Köln und Hamburg gibt, eine Art unsichtbare Rheinelbbrücke.
Was mir dann in dem Club, in dem wir am Ende landen, um das Tanzbein zu schwingen, auffällt, ist die Allgegenwart des Ponys. Da sind wir auch schon bei meiner Unsicherheit, die ich vorher loswerden muss: Es gibt das deutsche Reitpony, davon wollte ich zwischen 11 und 15 immer eins haben, gab aber nie eins. Ein Pony, zwei Ponys. Oder Ponies eigentlich, wenn wir uns an die Regeln der Gebersprache halten. Dann also das Pony, des Ponys oder des Ponies? Ich deutsche hier lieber ein, vor allem weil es mir ja nicht um Tiere geht, sondern um Haar, Fronthaar, um genauer zu sein. Und ob das nun ein deutsches oder doch international verbreitetes Phänomen ist, habe ich bei meinen gestrigen Beobachtungen nicht feststellen können. Ich vermute das Ponyepizentrum im mittelnördlichen Europa. Denn gucken wir uns doch mal um (das habe ich gestern Abend verstärkt getan, weil's nicht so mein Sound war und so meine Augen geschwinder wanderten als meine Beine) und seien wir ehrlich: Mit nackter Stirn kann man sich doch heute gar nicht mehr sehen lassen. Nein, vorne was haben gehört inzwischen zum guten Styling. War ich froh, dass ich vor einigen Wochen meinem Friseur mehr aus einer Laune heraus gesagt hatte, er dürfe mir ruhig mal einen Pony (ist ja eben der, nicht das Pony, für die fällt mir keine Verwendung ein) schneiden. Was wäre das anderenfalls gestern für ein peinlicher Abend geworden! Die Chance auf gesellschaftliche Anerkennung im Norden wäre dahin gewesen. Ich sah mich zuerst bei uns dreien um: Alle was auf der Stirn. Die Mädels nebenan: Frontkleid. Die Zwanzigjährigen, die Dreißigjährigen: Alle mit Pony. Aber es kommt ja noch arger, denn der Trend hat sich auch bei den Herren durchgesetzt, und zwar, für den besonders Modebewussten, als Rundumtopfschnitt. Der dunkelhaarige DJ: akkurat geschnittener Topf mit sehr kurzem Pony, dazu eine zugegeben furchtbare Achtzigerjahreschimanskibrille. Der Blonde auf der Tanzfläche neben mir: Es wellt sich über seine Stirn. Hier ist der Topf etwas tiefer gewesen, das Haar ist insgesamt länger. Wohin man auch schaut, vorne ohne läuft gar nichts mehr.
Ich habe ein Foto von meiner Mutter aus den späten Siebzigern, das sie mit langem Haar und Pony zeigt. Sie hat auch mir immer den Pony geschnitten, ich hatte etwa bis zum zehnten Lebensjahr die gleiche Frisur wie sie. In den Neunzigern aber, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, vereinte sich der Pony mit dem Haupthaar, so wie sich die beiden Deutschlande miteinander vereinten. Ich erinnere mich an eine praktisch ponylose Pubertät.
Und irgendwann um die Jahrtausendwende muss er zurück auf deutsche Stirnen gekehrt sein, der Pony. Aber wann war es eigentlich genau, und geschah es wirklich nur in Deutschland? Ich weiß es nicht, weiß nur, dass ich auf den fahrenden Zug recht spät aufgesprungen bin und dass es sich um ein generationenübergreifendes Phänomen handelt; auch meine Mutter und ihre Freundinnen tragen heute wieder Pony. Ist das nun eine neue Form der Prüderie, eine Abkehr vom Stirn-FKK? Was sieht überhaupt besser aus? Ist es mit dem Pony wie mit Dessous, steigert die teilweise Bedeckung den Reiz des Bedeckten? Hier bietet sich explosiver Diskussionsstoff, möchte ich meinen.
Eins soll aber nicht unbemerkt bleiben: Der Pony ist seitwärts gewandert. War er in den Achtzigern noch rein bündig zu einer gedachten horizontalen Linie über den Augenbrauen, darf er heute gern, keck zur Seite geföhnt oder gar schräg geschnitten, ein kleines zartes Stück an der Seite der Stirn entblößt zeigen. Das ist wohl unsere Konzession an das Fortschreiten der Zeit.

3 Kommentare:

Leander hat gesagt…

siehe auch Wikipedia

Ein Pony ist eine Frisur, bei der die Haare an der Kopfvorderseite so abgeschnitten werden, dass die Schnittkante auf der Stirn eine gerade Linie bildet, die entweder genau horizontal oder – insbesondere in letzter Zeit – leicht geneigt verläuft.

Der große Vorteil des Ponys gegenüber anderen Langhaarfrisuren ist, dass die Augen stets frei sind. Maßgeblich bei der Entscheidung für oder gegen den Pony sind aber meist auch ästhetisches Empfinden bzw. aktuelle Modetrends.

In verschiedenen Formen ist der Pony immer wieder populär. Seine jüngste Renaissance erlebt er derzeit in der Emo-Kultur.

Als Pony werden gelegentlich auch allgemein die ins Gesicht hängenden Haare einer Frisur bezeichnet.

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Pony_%28Frisur%29“

fraunoelle hat gesagt…

Ach was. Das is also mein erster Kommentar. Ja Gott, vielen Dank für den informativen Hinweis.

eurasienstar hat gesagt…

Hierzu noch einige Anmerkungen:
Der Name Pony wurde zum ersten Mal im Jahre 1355 von den Cherokee - Indianern benutzt. Ein attraktiver, junger, dynamischer Mittvierziger sah, als er sich gerade auf der Jagd nach dem einen oder anderen Bison befand ein merkwürdiges Pferd. Zu diesem sagte, er sogleich: "Hau ! Mein Name ist streunender Adler. Und Deiner ? Was bist Du eigentlich, siehst aus wie ein domestiziertes Pferd, riechst wie ein domestiziertes Pferd, ja mir scheint es fast so.....als ob Du eines bist....aber", so stammelte er weiter, "auf diesem noch nicht entdeckten Kontinent gibt es noch gar keine domestizierten Pferde !!! Streunender Adler hat gesprochen."
Das Pony antwortete:"Sehr gut beobachtet, mein Lieber! Dennoch eines hast Du nicht erkannt. Ich bin ein wenig kleiner. Also gar kein Pferd, wie Du es aus Zeitschriften, Boulevard - Magazinen, Augenzeugenberichten und insgesamt den neuen Medien kennst, sondern ein PONY.Und jetzt lad mich zum Essen ein, habe Hunger!!!!"
"Nö!",so der Indianer, "kein Bock, kein Bison, muss selber kucken, wo ich bleibe. Aber Deinen Namen werde ich in der ganzen Welt verbreiten. Tschüss.Ich muss gehen.Geh Du auch!"
So geschah es.
Übrigens sehr interessant:
Auf diese Begebenheit geht die französische Redewendung "Pon y va" zurück.

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